Vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens in den Niederlanden sollte geprüft werden, ob der Fall einem der niederländischen Gerichte vorgelegt werden kann (juristisch gesagt: ob die niederländischen Gerichte gerichtlich zuständig sind) oder nicht. Die Antwort auf diese Frage hängt von der niederländischen Gesetzgebung (der Zivilprozessordnung), EU-Recht (EU-/EG-Verordnungen) und verschiedenen internationalen Verträgen ab.
Die niederländischen Gerichte sind nur dann international zuständig, wenn sich dies aus der einschlägigen Gesetzgebung ergibt, oder wenn die Parteien einen niederländischen Gerichtsstand vereinbart haben. EU-Verordnungen und -Verträge haben bei Fällen zwischen Mitglieds- oder Vertragsstaaten Vorrang vor nationalen Rechtsbestimmungen. Die wichtigste EU-Verordnung ist die EU-Vollstreckungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1215/2012 des Rates, auch als “EuGVVO” oder “Brüssel Ia-Verordnung” bezeichnet) und der wichtigste Vertrag ist das Übereinkommen von Lugano. Das Übereinkommen von Lugano enthält – im Großen und Ganzen – dieselben Vorschriften zu Gerichtsstand und Vollstreckung von ausländischen Entscheidungen wie die EuGVVO. Die meisten wichtigen europäischen Nicht-EU-Länder (Schweiz, Norwegen, Schweden und Island) haben das Übereinkommen von Lugano unterzeichnet.
Die Grundregel besagt, dass der Beklagte ungeachtet seiner Staatsangehörigkeit nur vor dem Gericht verklagt werden kann, wo er lebt. Es steht den Parteien frei, den Gerichtsstand vertraglich festzulegen, d. h. die Parteien können vereinbaren, dass ein bestimmtes Gericht (ausschließlich oder nicht ausschließlich) zuständig sein soll. Falls die Parteien einen ausschließlichen Gerichtsstand festgelegt haben, sind sie (in der Regel) an diese Vereinbarung gebunden und können nicht vor einem anderen Gericht verklagt werden. Die EuGVVO benennt jedoch verschiedene alternative Gründe für einen Gerichtsstand.
Die EU-Verordnung gilt immer dann, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem EU-Mitgliedstaat hat, sowie wenn eine der nachstehend aufgeführten Regelungen für die ausschließliche Gerichtsbarkeit zutrifft: Wie vorstehend dargelegt, besagt die Grundregel (sowohl laut niederländischem Recht als auch laut niederländischem internationalen Privatrecht), dass der Beklagte nur vor einem Gericht verklagt werden kann, in dessen Bezirk er lebt. Die EuGVVO – und in mehr oder weniger demselben Wortlaut das Übereinkommen von Lugano – sehen jedoch mehrere Ausnahmen von dieser Hauptregel vor, indem sie alternative Zuständigkeitskriterien festlegen:
Die EuGVVO enthält auch spezielle Bestimmungen zur Zuständigkeit im Zusammenhang mit mehreren Spezialgebieten (Versicherung, Arbeitsverträge, Verbraucherverträge). Nicht immer ist es möglich, von diesen Sonderbestimmungen abzuweichen. Die EU-Verordnung enthält mehrere Bestimmungen zur ausschließlichen Zuständigkeit. Die wichtigsten lauten:
Von diesen Bestimmungen kann nicht abgewichen werden.
Die EuGVVO untersagt es den Parteien jedoch nicht, Anträge an die Gerichte eines anderen Staats für vorläufige oder einstweilige Maßnahmen zu stellen, die eventuell laut den nationalen Vorschriften zur Verfügung stehen, auch wenn die Gerichte anderer Mitgliedstaaten im Hauptsacheverfahren zuständig sind. Derartige vorläufige Maßnahmen können laut niederländischem Recht (z. B.) in einem Eilverfahren zum vorläufigen Rechtsschutz beantragte vorläufige Maßnahmen oder die Erlaubnis bzw. Intervention eines Gerichts in Bezug auf Arrest (zur Sicherung der Vollstreckung aus einem künftigen Urteil) sein.
Durch die Pfändung eines Vermögenswerts, der im Zuständigkeitsbereich der niederländischen Rechtsprechung liegt, kann ein Gerichtsstand für das Hauptsacheverfahren im Hinblick auf den Anspruch, zu dessen Sicherung die Pfändung durchgeführt wurde, geschaffen werden (das forum arresti). Eventuell haben sogar alle beteiligten Parteien keinerlei Beziehung zur niederländischen Gerichtsbarkeit, außer der Tatsache, dass ein gepfändeter Vermögenswert in den Niederlanden belegen ist; eine derartige Pfändung wird als saisie foraine bezeichnet. Falls die Parteien jedoch einen ausschließlichen Gerichtsstand vereinbart haben, in dem sie ein nicht niederländisches Gericht als zuständig benennen (unabhängig davon, ob die Entscheidung dieses Gerichts in den Niederlanden vollstreckbar ist oder nicht), gilt das forum arresti generell nicht.
Die niederländischen Prozessanwälte der Anwaltskanzlei AMS sind Spezialisten in Litigation und internationalen Zivilprozessen. Falls Sie nähere Informationen benötigen, wenden Sie sich bitte an unseren Anwalt Hidde Reitsma, den Inhaber unserer Anwaltskanzlei. Hidde führte mit großem Erfolg schon zahlreiche Prozesse vor niederländischen Bezirks- und Berufungsgerichten und gilt als Experte in internationalen Gerichtsstandfragen. Falls Sie Fragen im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren in den Niederlanden oder ähnlichen Angelegenheiten haben, können Sie sich gerne an ihn wenden.