Das niederländische Untersuchungsverfahren (enquête-procedure) umfasst mehrere Phasen.
In der ersten Phase muss die Unternehmenskammer beurteilen, ob eine Untersuchung durchgeführt werden sollte und ob es Gründe gibt, die beantragten Sofortmaßnahmen anzuordnen.
Um eine Untersuchung anzuordnen, muss die Unternehmenskammer zu dem Schluss kommen, dass es berechtigte Gründe gibt, an einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vorgehensweise der juristischen Person zu zweifeln.
Wenn die Unternehmenskammer zu dem Schluss kommt, dass dies der Fall ist, wird eine Ermittlung angeordnet (wobei die Unternehmenskammer dazu neigt, den Zeitraum und die spezifischen Teile der Geschäftsführung, auf die sich die Untersuchung konzentrieren soll, zu spezifizieren) und ein Ermittler wird ernannt.
Erst in der zweiten Phase stellt die Unternehmenskammer auf Antrag der Parteien fest, ob der Untersuchungsbericht ein Missmanagement ergeben hat.
Das niederländische Untersuchungsverfahren ist ein Antragsverfahren und wird durch einen bei der Unternehmenskammer einzureichenden Antrag eingeleitet, in dem die juristische Person als Angeklagter aufgeführt ist und die anderen an der juristischen Person beteiligten Personen (z.B. Aktionäre) als Interessenträger aufgeführt sind.
Vor der mündlichen Anhörung fordert die Unternehmenskammer den Beklagten und alle Interessenträger auf, eine Erklärung einzureichen. Diese Verteidigungsschrift kann ein eigenständiges Gegenersuchen enthalten.
Nach der schriftlichen Runde findet eine mündliche Anhörung statt, bei der die Unternehmenskammer den Parteien die Möglichkeit gibt, den Antrag und die Verteidigungen näher zu erläutern.
Die Unternehmenskammer setzt sich aus drei spezialisierten Richtern und zwei spezialisierten “Räten” mit Finanzhintergrund zusammen und ist daher sehr gut in der Lage, die Dynamik und den geschäftlichen Hintergrund der ihr vorliegenden Streitigkeit in kurzer Zeit zu erfassen.
Obwohl die Belange des Unternehmens im Mittelpunkt des niederländischen Untersuchungsverfahrens stehen, wird das Verfahren oft als Brechstange in einem Gesellschafterstreit eingesetzt.
Die Unternehmenskammer ist sich dessen bewusst und nutzt in solchen Fällen die mündliche Verhandlung, um zu prüfen, ob die Möglichkeit besteht, die Parteien zu einem Vergleich zu bewegen.
Dabei denkt sie aktiv mit und kann eine Einigung weitreichend erleichtern (z.B. durch die Ernennung oder den Vorschlag eines verbindlichen Beraters, eines Bewertungsexperten oder eines Mediators).
Abschnitt 2:350 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sieht vor, dass einem Antrag auf Untersuchung stattgegeben wird, wenn begründete Zweifel an einer korrekten Geschäftsführung oder Vorgehensweise bestehen.
Das Prüfkriterium ist sehr faktischer Natur. Es muss sich um Tatsachen und Umstände handeln, die in ihrer Gesamtheit eine begründete Wahrscheinlichkeit dafür bieten, dass eine weitere Untersuchung eine falsche Geschäftsführung zum Vorschein bringen wird.
Dieser Maßstab impliziert, dass selbst bei dieser Beurteilung des Sachverhalts durch die Unternehmenskammer eine gewisse Freiheit bei der Führung des Unternehmens respektiert werden muss.
Das Prüfkriterium „begründete Zweifel an der ordnungsgemäßen Geschäftsführung“ ist weniger streng als das Kriterium „Missmanagement“.
Einige Beispiele für Umstände, die nach der Rechtsprechung der Unternehmenskammer regelmäßig zu wohlbegründeten Gründen führen, sind:
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Bei Fragen zum niederländischen Enquêterecht und Gesellschaftsrecht wenden Sie sich bitte an unseren deutschsprachigen Anwalt Onno Hennis, Telefon +31 20 308 03 15.