Das Untersuchungsverfahren spielt eine wichtige Rolle bei der Überwachung von Stiftungen in den Niederlanden, insbesondere wenn diese ein Unternehmen führen. Ein Untersuchungsverfahren bei Stiftungen bietet die Möglichkeit, Misswirtschaft aufzudecken und zu beheben. Im Rahmen des niederländischen Untersuchungsrechts ist gesetzlich geregelt, dass Stiftungen, die ein Unternehmen in den Niederlanden führen, das Recht auf ein Untersuchungsverfahren haben.
Im Folgenden skizziert Ihnen unser deutschsprachiger Anwalt Onno Hennis, wer berechtigt ist, eine Untersuchung zu beantragen, wie der Ablauf des Verfahrens ist und welche Maßnahmen im Rahmen eines niederländischen Untersuchungsverfahrens ergriffen werden können.
Gemäß Artikel 2:344b des Burgerlijk Wetboek (niederländisches Zivilgesetzbuch) steht einer Stiftung, die ein Unternehmen führt, das Recht auf Untersuchung zu. Zudem besteht eine Verpflichtung zur Errichtung eines Betriebsrats, wenn das Unternehmen 50 oder mehr Arbeitnehmer hat. Aufgrund der Beschränkung des Geltungsbereichs erfolgt die Untersuchung einer Stiftung in den Niederlanden seltener als bei einer Aktiengesellschaft (Naamloze Vennootschap) oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Besloten Vennootschap).
Ein Antrag auf eine Untersuchung bei der niederländischen Unternehmerkammer (Ondernemingskamer) kann nicht von jeder Person gestellt werden. Bei Stiftungen sind die Personen, die durch die Satzung oder den Vertrag dazu ermächtigt sind, befugt, eine Untersuchung zu beantragen.
Es handelt sich dabei um die Stiftung selbst und den Generalstaatsanwalt (im Falle eines öffentlichen Interesses). Ebenfalls befugt sind der Vorstand der Stiftung, das Aufsichtsorgan oder eine andere Person, der die Befugnis durch die Satzung übertragen wurde. Der Insolvenzverwalter kann im Falle einer Insolvenz der Stiftung ebenfalls eine Untersuchung beantragen.
Die niederländische Unternehmerkammer gibt dem Antrag statt, wenn sie berechtigte Gründe hat, an einer korrekten Vorgehensweise zu zweifeln. Wenn die Unternehmerkammer der Ansicht ist, dass es triftige Gründe für die Anordnung einer Untersuchung gibt, ernennt sie Untersuchungsbeauftragte. Aufgabe der Untersuchungsbeauftragten ist es, die Geschäftspolitik und das Geschäftsgebaren der untersuchten Stiftung zu untersuchen.
Auf der Grundlage dieser Untersuchung erstellt der Untersuchungsbeauftragte einen Bericht, woraufhin die Parteien in der zweiten Phase des Untersuchungsverfahrens erörtern, ob eine Misswirtschaft vorliegt. Sollte die Untersuchung tatsächlich zu dem Ergebnis kommen, dass eine Misswirtschaft vorliegt und die Unternehmenskammer diesem Urteil folgt, kann die Unternehmenskammer endgültige Maßnahmen innerhalb der Stiftung ergreifen.
Mögliche Maßnahmen sind die Abberufung von Vorstandsmitgliedern, die Annullierung von Beschlüssen, die Ernennung von befristeten Vorstandsmitgliedern, die Abweichung von bestimmten Satzungsbestimmungen und die Auflösung der Stiftung. Weitere Informationen zum Ablauf des Verfahrens finden Sie auf unserer Seite zum Gesellschaftsrecht.
Im Rahmen des Untersuchungsverfahrens ist die Unternehmerkammer befugt, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, sofern dies im Zusammenhang mit der Situation der Stiftung oder im Interesse der Ermittlungen erforderlich ist. Beispiele für Sofortmaßnahmen sind die Suspendierung von Vorstandsmitgliedern und die Ernennung vorläufiger Vorstandsmitglieder.
Aufgrund der begrenzten Möglichkeiten einer niederländischen Stiftung ein Untersuchungsverfahren gemäß Art. 2:346 Burgerlijk Wetboek zu beantragen, wird in der Praxis manchmal die vorläufige Bestimmung für eine Untersuchung innerhalb der Stiftung verwendet. Bei der sogenannten „Mini-Untersuchung“ handelt es sich um eine Untersuchung, die einem vom Gericht ernannten vorläufigen Bediensteten – einem vorläufigen Direktor oder Verwalter – im Zusammenhang mit einem Antrag auf Entlassung eines oder mehrerer Stiftungsvorstände gemäß Art. 2:298 des Zivilgesetzbuchs übertragen wird.
Die Befugnis dazu ist nicht ausdrücklich im Gesetz verankert. Stattdessen ergibt sich aus der Befugnis des Gerichts, gemäß Artikel 2:298 Absatz 2 des Zivilgesetzbuchs einstweilige Verfügungen im Vorstand zu treffen. Ein Beispiel für eine solche „Mini-Untersuchung“ finden Sie in diesem Urteil.
Eine weitere Möglichkeit, bei einer niederländischen Stiftung eine Untersuchung durchzuführen, besteht darin, bei der Unternehmerkammer eine Genehmigung zur Einsichtnahme in Unterlagen der Stiftung zu beantragen. Diese Einsicht kann im Rahmen der Untersuchung eines (mit der Stiftung verbundenen) Unternehmens beantragt werden, sofern es sich um eine eng verbundene juristische Person handelt (Art. 2:351(2) des niederländischen Zivilgesetzbuchs).
Wir stehen deutschen Unternehmen und Privatpersonen in den Niederlanden jederzeit für eine Beratung zur Verfügung. Bei Fragen zum niederländischen Gesellschaftsrecht wenden Sie sich bitte an unseren deutschsprachigen Anwalt Onno Hennis, Telefon +31 20 308 03 15.