Es kommt in den Niederlanden selten vor, dass ein ausländischer Schiedsspruch auf der Grundlage einer anderen Rechtsvorschrift als nach dem New Yorker Übereinkommen anerkannt wird. Kürzlich gab der Gerichtshof von Den Haag einem Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs aus Tansania auf der Grundlage von europäischen Rechtsvorschriften statt. Onno Hennis, Rechtsanwalt für Verfahrensrecht, erläutert die Entscheidung.
Wie Rechtsanwalt Onno Hennis bereits in einem früheren Blog erläuterte, ist es im Allgemeinen einfacher, einen ausländischen Schiedsspruch in den Niederlanden zu vollstrecken als ein Urteil eines ausländischen (Schieds)-richters. Das gilt vor allem für Urteile aus Ländern außerhalb von Europa. Der einfache Grund dafür ist, dass das New Yorker Übereinkommen derzeit von 157 Ländern ratifiziert wurde. In den Niederlanden ist es aber auch möglich, einen ausländischen Schiedsspruch auf der Grundlage eines anderen Vertrags als nach dem New Yorker Übereinkommen zu vollstrecken.
Der Hintergrund dieser Rechtssache war ein Rechtsstreit zwischen dem in England ansässigen internationalen Bauunternehmen Stirling und der Republik Tansania über einen
Vertrag
Die Urkunde, worin ein Vertrag zwischen den Parteien begründet wird. In weiterem Sinn wird damit auch der Vertrag selbst bezeichnet.
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Vertrag über Instandsetzungsarbeiten an der Straßenoberfläche zwischen Dar-es-Salaam und Bagamoyo. Für das Projekt erhielt Tansania von der Europäischen Union eine Finanzierung aus dem Europäischen Entwicklungsfonds („European Development Fund“).
Teil des Vertrags war auch die Schlichtungs- und Schiedsordnung für vom Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) finanzierte Aufträge („Procedural Rules on Conciliation and Arbitration of Contracts Financed by the European Development Fund“). Diese sogenannten EEF-Vorschriften legen unter anderem fest, dass eventuelle Streitigkeiten, die aus dem Vertrag zwischen Stirling und Tansania entstehen, einem aus drei Schiedsrichtern bestehenden Gericht vorzulegen sind. Des Weiteren legen die EEF-Vorschriften fest, dass ein Schiedsspruch in jedem Mitgliedsstaat der EWG anerkannt wird und dass der betreffende Mitgliedsstaat sicherstellen wird, dass der Schiedsspruch dort vollstreckt werden kann (Artikel 33.3).
Gemäß den EEF-Vorschriften muss der Antragsteller zur Anerkennung und Vollstreckung eine beglaubigte Abschrift des Schiedsspruchs bei der vom betreffenden Mitgliedsstaat bezeichneten Behörde vorlegen. Nach einigen Prüfungen bezüglich der Echtheit der betreffenden Abschrift wird die Genehmigung anschließend – nach dem Wortlaut der EEF-Vorschriften – auf der Abschrift des Schiedsspruchs angebracht. Gemäß den EEF-Vorschriften wird daher keine formelle oder materielle Prüfung durchgeführt.
Zwischen Stirling und Tansania war zu einem Zeitpunkt ein Konflikt entstanden und infolgedessen leitete Stirling ein Schiedsverfahren ein. Stirling gewann das Schiedsverfahren und Tansania wurde in zwei Schiedssprüchen zur Zahlung einiger Beträge verurteilt. Tansania weigerte sich jedoch, diese Zahlungen zu leisten. Um auf die in den Niederlanden befindlichen Vermögensbestandteile von Tansania Rückgriff nehmen zu können, stellte Stirling deshalb einen Antrag auf Genehmigung der Vollstreckung der Urteile.
Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Niederlande – anders als es die EEF-Vorschriften festlegen – – keine Behörde bezeichnet hat, die für die Erteilung der Genehmigung zuständig ist. Auf der Grundlage des niederländischen Schiedsrechtsgesetzes (und unter Verweis auf die EEF-Vorschriften) sieht sich das Gericht daher selbst für die Behandlung des Antrags von Stirling zuständig.
Im Anerkennungsverfahren ist Tansania nicht als Partei erschienen. Der Gerichtshof untersuchte daher auf der Grundlage der geltenden Vorschriften über die
Vorladung
Eine Vorladung ist ein Amtsprotokoll, worin der Beklagte aufgefordert wird, an einem bestimmten Datum in einem Verfahren zu erscheinen und die in der Vorladung enthaltene Klage zu beantworten. Eine Vorladung in einem Zivilverfahren...
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Vorladung selbst, ob es über das Verfahren ausreichend informiert wurde. Dazu stellte der Gerichtshof fest, dass die Vorladungsurkunde rechtsgültig zugestellt wurde und dass die Vorladung zur Behandlung des Anerkennungsantrags trotz einiger formeller Mängel in der Urkunde rechtsgültig ergangen ist. Der Gerichtshof gab dem Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung anschließend statt.
Wenn Sie einen niederländischen oder ausländischen Schiedsspruch vollstrecken wollen, dann nehmen Sie unverbindlich Kontakt mit uns auf. Wir können den Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung in Ihrem Auftrag einbringen und nach der entsprechenden Genehmigung können Sie anschließend Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Verurteilten einleiten.