In einem kürzlich ergangenen Urteil wies das Bezirksgericht Amsterdam die Garantieforderung von Jumbo und Coop gegen Sligro in Höhe von 83 Millionen Euro im Zusammenhang mit der Übernahme der Emté-Supermärkte zurück. Das Gericht fand keine ausreichenden Beweise dafür, dass die vorgelegten Zahlen falsch waren. Unternehmensjurist Onno Hennis erläutert den Fall.
2017 verkaufte Sligro seine Supermarktaktivitäten unter dem Namen Emté wegen enttäuschender Ergebnisse. Der Verkauf erfolgte im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens (kontrollierte Auktion).
Die Interessenten hatten u.a. die Möglichkeit, eine Prüfung zur Wertfeststellung (Buchprüfung) in einem von Sligro eingerichteten digitalen Datenraum durchzuführen. Außerdem hatten sie die Möglichkeit, schriftliche Fragen zu stellen (F&A), und es wurden mehrere “Expertensitzungen” organisiert.
Im Rahmen der Wertfeststellung gab Sligro an, dass im Geschäftsjahr 2017 ein Bruttogewinn von 24,3 % erzielt wurde. Diese Zahlen basierten auf den vom Buchprüfer angegebenen Jahresabschlüssen der Gruppe. Die Zahlen selbst wurden jedoch nicht gesondert geprüft.
Der Bruttogewinn hing stark von der Zuteilung der Lieferantenboni ab, die Sligro als Gruppe erhielt und auf die verschiedenen Tochtergesellschaften verteilte. Sligro gab im Rahmen des Verkaufsprozesses nicht viel über die Vertriebsmethode preis, da diese Informationen nach Ansicht von Sligro vertraulich waren.
Im Frühjahr 2018 schlossen die Parteien einen Kaufvertrag über den Erwerb der
Anteil am Gesellschaftsvermögen
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Anteile an der Emté Holding zu einem Kaufpreis von 410 Mio. EUR. Kurz nach der Aktien
Übereignung
Die Übertragung ist das Übertragen eines Rechts an einen anderen (wenn es das Eigentumsrecht betrifft: in das Eigentum)...
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übertragung begannen Jumbo und Coop, den Einkauf bei Emté anders zu organisieren. Außerdem entließen Jumbo und Coop sofort 95 % des Personals in der Hauptzweigstelle.
Schon bald stellte sich heraus, dass die Ergebnisse von Emté hinter den Erwartungen von Jumbo und Coop zurückblieben. Daraufhin gaben sie eine Studie bei Ernst&Young in Auftrag. Die Prüfer stellten fest, dass Emté einen Bruttogewinn von höchstens 20 % erzielen konnte und somit defizitär war. Ernst&Young stellten außerdem fest, dass die enttäuschenden Zahlen nicht durch äußere Einflüsse erklärt werden können.
Jumbo und Coop beriefen sich daher auf die von Sligro im Kaufvertrag gegebenen Garantien, dass die von Sligro angegebenen Zahlen in gutem Glauben erstellt wurden und die Finanzlage des Unternehmens korrekt wiedergeben. Außerdem berufen sie sich darauf, dass Sligro die Richtigkeit aller bereitgestellten Informationen garantiert.
Laut dem Gericht besteht die zentrale Frage in diesem Fall darin, ob Sligro während des Verkaufsprozesses falsche Angaben über die Art der Zuteilung der Lieferantenrabatte gemacht hat. Laut Jumbo und Coop ist dies der Fall, da sich später herausstellte, dass Sligro tatsächlich alle Vorteile Emté zuwies, um die entsprechenden Zahlen dadurch zu beschönigen. Während der Buchprüfung gab Sligro kaum Auskunft über die Verteilung, und Fragen von Jumbo und Coop wurden kaum beantwortet.
Das Gericht vertritt jedoch eine andere Ansicht. Es argumentierte, dass Sligro zwar nur wenige Informationen gegeben habe, aber gute Gründe dafür gehabt hätte (Vertraulichkeit). Ferner sei auch nicht bewiesen, dass Sligro mit seiner Methode der Vorteilszuweisung gegen irgendwelche Buchführungsvorschriften verstoßen habe. Schließlich hätten die ausweichenden Antworten auf die Fragen Jumbo und Coop nicht davon abgehalten, die Transaktion abzuschließen.
Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass Jumbo und Coop selbst beschlossen hatten, den Einkauf anders zu organisieren und 95 % des Personals zu entlassen. Nach Ansicht des Gerichts kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Maßnahmen (teilweise) zu den enttäuschenden Ergebnissen beigetragen haben. Das Gericht weist die Anträge daher zurück.
Jumbo und Coop können gegen die Entscheidung des Gerichts
Berufung
Im Niederländische Zivilverfahrensrecht gibt es den Grundsatz, dass die Prüfung in zwei Instanzen stattfindet: jedermann hat das Recht, eine erneute Behandlung eines Gerichtsstreits durch ein höheres Gericht zu beantragen.
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Berufung einlegen. Nach Berichten in den Medien ziehen sie dies tatsächlich in Erwägung. Sie werden dann Beschwerde gegen das Urteil einlegen müssen. Der Gerichtshof wird sich dann erneut mit dem Fall befassen.