In einer kürzlichen Rechtssache bei dem niederländischen Richter für einstweilige Verfügungen in Amsterdam lautete die zentrale Frage, ob ING die Geschäftsbeziehung zu einem Bitcoinmakler wegen ihren Vermutungen kündigen konnte, dass das ING-Bankkonto zur Geldwäsche verwendet wurde. In diesem Blog geht Onno Hennis, niederländischer Rechtsanwalt für Unternehmensrecht, näher auf den Fall ein.
Durch die dezentrale Speicherung von Daten mittels Blockchain und die Anonymität der Technik haben sich Kryptowährungen neben Anlageobjekten zu faktischen Zahlungsmitteln entwickelt. Der Kryptowährungsmarkt ist (noch) ungeregelt. Es ist kein Geheimnis, dass auch aus diesen Gründen Kriminelle gerne Kryptowährungen verwenden. Um Kryptowährungen erwerben zu können, werden Kriminelle ihr illegal erworbenes (Bar-)Geld ebenso umtauschen müssen. Dafür werden manchmal Bitcoinmakler eingeschaltet.
In der gegenständlichen Sache bestand die Kerntätigkeit der Bitcoinmakler aus dem Ankauf und Verkauf von Kryptowährungen. Der Bitcoinmakler benutzte für seine Tätigkeiten ein Geschäftskonto bei der ING. Nach einigen Monaten merkte ING, dass der Bitcoinmakler mit Bargeld Bitcoins für Dritte ankaufte. Darauf gab ING bekannt, dass sie diese Handlungsweise ablehnte und verpflichtete den Bitcoinmakler, die Transaktionen nur noch buchmäßig durchzuführen.
Um dem Verlangen von ING zu entsprechen, schaltete der Bitcoinmakler daher ein niederländisches Werttransportunternehmen ein, das Bargelder annahm und auf das Geschäftskonto des Bitcoinmaklers bei ING einzahlte. Im Wesentlichen wurden die Barzahlungen danach also indirekt in Buchgeld umgewandelt.
ING fand zu einem bestimmten Zeitpunkt heraus, dass auf diesem Weg in weniger als einem Jahr ein Betrag von 3,5 Millionen Euro in Bitcoins umgewandelt wurde. ING bat darauf den Bitcoinmakler um eine Erklärung, wie er die Herkunft des Geldes überprüft hatte. Der Bitcoinmakler behauptete, dass bei ihm alle Prozesse so eingerichtet waren, dass ein Missbrauch so gut wie möglich verhindert wird. So hatte er seine Kunden überprüft, die Ansicht einer Anwaltskanzlei eingeholt (und befolgt) und es wurden in den Vertragsdokumenten mit den Kunden Sicherheiten aufgenommen.
Für ING waren die vom Bitcoinmakler übermittelten Informationen zu mager. ING verbat dem Bitcoinmakler, weiter– auch indirekt – Bargelder in Bitcoins umzuwandeln. Nachdem ersichtlich war, dass der Bitcoinmakler die Bareinzahlungen in den Niederlanden dennoch fortsetzte, beendete ING schließlich die Geschäftsbeziehung. ING gewährte dabei eine Kündigungsfrist von 3 Monaten, sodass der Bitcoinmakler noch ausreichend Zeit hatte, zu einer anderen Bank zu wechseln.
Der Bitcoinmakler leitete daraufhin ein Eilverfahren gegen ING ein. Kurz gesagt, forderte er die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung zur Bank. Dazu behauptete der Bitcoinmakler, dass die Kündigung von ING ungültig war. Der Bitcoinmakler hatte ING jedoch eine vollständige Einsicht in seine Compliance-Prozesse gegeben, gesetzeskonform gehandelt und außerdem fiel der Bitcoinhandel nicht unter eine Aufsichtspflicht. Zwar hatten seine Kunden ein höheres Risikoprofil (in Bezug auf Geldwäsche), aber das bedeutete nicht, dass man diese Gruppe von Kunden kategorisch ablehnen musste, so der Bitcoinmakler. Schließlich behauptete er, dass seine Interessen an einer Fortsetzung schwerer wiegen würden als die Interessen von ING an einer Beendigung der Geschäftsbeziehung.
Der niederländische Richter meinte jedoch, dass die Kündigung der Geschäftsbeziehung nach Maßgabe von
Angemessenheit und Billigkeit
Eine Quelle des ungeschriebenen objektiven Rechts, auf Grund deren sich die Menschen einander gegenüber zu verhalten haben.
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Angemessenheit und Billigkeit wohl akzeptabel war. Auf der Grundlage der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank kann ING nämlich – falls ihr Ansehen oder die Zuverlässigkeit der Finanzlage auf dem Spiel steht – die Geschäftsbeziehung mit ihren Kunden mit sofortiger Wirkung beenden. Der Richter in den Niederlanden kam zum Schluss, dass der Bitcoinmakler keine ausreichende Sicherheit bezüglich der Herkunft der Gelder geliefert hatte, auch weil ING eine längere Kündigungsfrist von 3 Monaten gewährt hatte und der Bitcoinmakler inzwischen bei Bunq Bankgeschäfte machte, daher blieb die Kündigung aufrecht.
Ein Kontrakt über Bitcoins und andere Kryptowährungen ist im Prinzip ein gewöhnlicher zivilrechtlicher
Vertrag
Die Urkunde, worin ein Vertrag zwischen den Parteien begründet wird. In weiterem Sinn wird damit auch der Vertrag selbst bezeichnet.
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Vertrag. Die (zivilrechtlichen) juristischen Aspekte von Kryptowährungen und Verträgen haben sich auf diesem Gebiet größtenteils noch nicht herauskristallisiert; dies entwickelt sich gerade. Wenn Sie eine juristische Frage bezüglich solcher Kontrakte haben, so kann Sie AMS Advocaten dabei unterstützen.