Arbeitnehmer haben unter normalen Umständen Kündigungsschutz. Sie können nicht einfach so entlassen werden. Ist die Entlassung nicht dem Arbeitnehmer selbst zuzuschreiben, hat er Recht auf ein Übergangsgeld (transitievergoeding). Dieser Schutz ist praktisch nicht vorhanden im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers. Dies kann zu Missbrauch des Insolvenzrechts führen. Marco Guit, Rechtsanwalt für Insolvenzrecht, erklärt.
Nach einer Insolvenz kann und wird der
Insolvenzverwalter
Eine durch die Gericht bestellte Person (generell ein auf Konkursrecht spezialisierter Anwalt), der dazu angestellt wird, für die Verwaltung und die Veräußerung des Vermögens des in Konkurs geratenen Unternehmens...
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Insolvenzverwalter in den Niederlanden in der Regel beschließen, den
Arbeitsvertrag
Der Vertrag, wodurch sich die eine Partei, der Arbeitnehmer, verpflichtet, für bestimmte Zeit im Dienst der anderen Partei, des Arbeitgebers, gegen Entlohnung Arbeit zu verrichten...
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Arbeitsvertrag (mit einer kurzen Kündigungsfrist) zu kündigen. Für diese Kündigung ist keine Abfindung der Ausführungsinstanz Arbeitnehmerversicherungen (Uitvoeringsorgaan Werknemersverzekeringen; UWV) erforderlich und besteht kein Recht auf ein Übergangsgeld. Der Gedanke in den Niederlanden ist dabei, dass man einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen kann und Arbeitnehmer gehen daher oft leer aus.
Unter normalen Umständen ist die Entlassung von (überflüssigem) Personal in den Niederlanden nicht einfach und auch oft eine teure Angelegenheit für den Arbeitgeber. Es ist daher nicht so verwunderlich, dass es Arbeitgeber gibt, die über eine Privatinsolvenz den strengen niederländischen Kündigungsschutzvorschriften zu entkommen versuchen. Dies wird zu Recht als Missbrauch des Insolvenzrechts erachtet.
In der Regel wird Missbrauch angenommen, wenn der Insolvenzschuldner die Zahlungsunfähigkeit selbst inszeniert hat. Es handelt sich auch um Missbrauch, wenn die folgenden – in der Rechtsprechung entwickelten – Indikatoren auftreten:
In einem aktuellen Urteil des Gerichtshofes hatte der Rechtsanwalt eines Arbeitnehmers einen Geschäftsführer des Arbeitgebers wegen Missbrauchs des Insolvenzrechts haftbar gemacht. In dieser Sache hatte der Arbeitgeber eine Abfindung für den Arbeitnehmer angefordert, diese wurde jedoch abgelehnt. Danach hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer über die Übernahme des Unternehmens verhandelt. Diese Verhandlungen sind gescheitert.
Anschließend hat der Arbeitgeber Privatinsolvenz angemeldet. Ein auffallendes Detail ist, dass die wichtigsten Kunden und ein Großteil des Inventars des Arbeitgebers vor der Insolvenz auf eine neue Gesellschaft übertragen wurden (die auch vom Geschäftsführer geleitet wurde).
Nach Ansicht des Rechtsanwalts des Arbeitnehmers handelt es sich um Missbrauch, da die Insolvenz des Arbeitgebers nur zur Entlassung des Arbeitnehmers angemeldet wurde und um das Unternehmen des Arbeitgebers auf die alte Art und Weise in der neuen Gesellschaft weiterzuführen. Der Arbeitgeber will nichts anderes als die Kündigungsschutzvorschriften zu umgehen. Der Gerichtshof unterstützt diese Aussage.
Der Gerichtshof ist die oben genannten Zeilen durchgegangen und hat geschlussfolgert, dass alle Indikatoren – mehr oder weniger – vorhanden sind. Insbesondere die Tatsache, dass das Unternehmen des Arbeitgebers bereits de facto in einer anderen Gesellschaft weitergeführt wird, jedoch dann ohne den Arbeitnehmer, war ausschlaggebend. Es ging dabei nur um das „Loswerden“. Dem Geschäftsführer kann aufgrund dieses Handelns ein persönlich schwerwiegender Vorwurf gemacht werden. Dieser hat damit rechtswidrig gegen den Arbeitnehmer gehandelt und haftet für die ihm dadurch entstandenen Schäden.