Drängt ein Geschäftsführer einer niederländischen GmbH (BV genannt) kurz vor der Insolvenz zur Zahlung eines Vorschusses, kann dies zur Folge haben, dass er dem Vorschussleistenden gegenüber persönlich haftbar ist, wenn dem Geschäftsführer bekannt war oder bekannt hätte sein müssen, dass die BV den Vorschuss nicht zurückzahlen kann. Ein Urteil des Gerichts in Limburg bestätigte dies kürzlich. Anwalt für Insolvenzrecht in den Niederlanden Marco Guit bespricht das Urteil.
Worum geht es in diesem Fall? Eine Gesellschaft verkaufte einer anderen Gesellschaft einen Debitorenbestand zu einem Betrag von 40.000 Euro. Nach wiederholter dringender Aufforderung des Verkäufers zahlte der Käufer am 12. Februar 2012 einen Vorschuss in Höhe von 20.000 Euro. Der Käufer wusste im Gegensatz zum Verkäufer nicht, dass am 14. Februar 2012 der Verhandlungstermin des Insolvenzeröffnungverfahrens gegen den Verkäufer anberaumt war. Der Insolvenzantrag der verkaufenden Gesellschaft wurde an diesem Tag genehmigt. Zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Geschäftsführer der verkaufenden Gesellschaft auf Zahlung des Vorschusses drängte, war ihm bekannt, dass bereits ein Insolvenzantrag gestellt war. Die Vorschuss leistende Partei konnte aufgrund der Insolvenz keinen Anspruch mehr auf den Debitorenbestand erheben, da dieser noch nicht geliefert war und somit zur Insolvenzmasse gehörte. Die Kaufpartei verlor also ihren bereits gezahlten Vorschuss und stand mit leeren Händen da.
Der Anwalt der Kaufpartei gab sich hiermit nicht zufrieden und machte den Geschäftsführer der verkaufenden Gesellschaft für den Betrag von 20.000 Euro haftbar. Der Anwalt führte an, der Geschäftsführer habe ihr gegenüber eine unerlaubte Handlung begangen, da er sie mit Absicht und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zur Vorschusszahlung bewogen habe, während ihm die kurz bevorstehende Insolvenz der Gesellschaft bekannt war. Laut bestehender Rechtsprechung (Beklamel-Norm) ist ein Geschäftsführer, der weiss oder wissen muss, dass eine Gesellschaft eine eingegangene Verpflichtung nicht erfüllen kann, für den entstehenden Schaden haftbar.
Das Gericht kam zu folgendem Schluss: Zu dem Zeitpunkt, zu welchem die verkaufende Gesellschaft eine Vorschusszahlung forderte, hatte sie bereits einen Insolvenzantrag gestellt. Mit diesem Wissen hätte der Geschäftsführer mit der Stattgebung des Antrags am 14. Februar 2012 rechnen müssen. Das Gericht urteilte, dass unter diesen Umständen eine unerlaubte Handlung vorliege: Der Geschäftsführer bewog die Kaufpartei zur Erfüllung ihrer vertraglichen Zahlungsverpflichtung, während der verkaufenden Gesellschaft angesichts der drohenden Insolvenz selbst bekannt war oder bekannt sein musste, ihrerseits wahrscheinlich den obliegenden Verpflichtungen nicht nachkommen zu können. Das Gericht folgerte, dass die Handlungsweise des Geschäftsführers im Widerspruch zu der im gesellschaftlichen Verkehr geltenden Sorgfaltspflicht stand. Der Geschäftsführer der inzwischen insolventen Gesellschaft musste aus seinem Privatvermögen den an die insolvente Gesellschaft geleisteten Vorschuss in Höhe von 20.000 Euro zurückzahlen.
Das Urteil ist zwar nicht überraschend, aber zeigt, dass ein Geschäftsführer, dem bekannt ist, dass kurz vor drohender Insolvenz der Gesellschaft eingegangene Verpflichtungen nicht mehr erfüllt werden, persönlich für den entstandenen Schaden haftbar gemacht werden kann. Es kann sich also durchaus auszahlen, in solchen Fällen den Geschäftsführer persönlich zur Rechenschaft zu ziehen. Befinden Sie sich in einer vergleichbaren Situation? Unsere Anwälte für Insolvenzrecht in Amsterdam klären Ihre Rechte und handeln je nach Bedarfslage.