Ich habe mich zu einem früheren Zeitpunkt schon einmal mit der Corporate Opportunity Doctrine (Lehre der unternehmensstrategischen Chancen) befasst und auch in diesem Fall scheint dies Anlass dafür zu sein, die richtige Vorgehensweise bei einem internationalen Konzern anzuzweifeln. Die Corporate Opportunity gewinnt in den Niederlanden langsam an Bedeutung und ist auch weiterhin ein interessantes Besprechungsthema. Sander Schouten, Fachanwalt für Gesellschaftsrecht in den Niederlanden, erläutert die Einzelheiten.
Der Aktionär A und der Aktionär B haben über ihren (internationalen) Konzern in Dämmstoffen gehandelt. Sie besaßen verschiedene Gesellschaften, die das Material herstellten und verkauften. Um diese „Handelskette“ noch kosteneffizienter zu gestalten, sind der Aktionär A und der Aktionär B im Jahr 2013 nach Thailand gereist, um dort nach neuen Rohstoffen zu suchen, auf die sie beim Produktionsprozess häufig angewiesen waren.
Zu diesem Zeitpunkt lag jedoch bereits eine Uneinigkeit vor. Der Aktionär A bezichtigte den Aktionär B der schlechten Konzernleitung und bemängelte, dass er die Verfügungsgewalt im vollen Umfang an sich gerissen hatte. Letztlich wurde infolge dieser Uneinigkeit ein Verfahren bei der Unternehmenskammer (der Kammer für Gesellschaftsrecht) eingeleitet.
Bei diesem Verfahren stellte sich heraus, dass der Aktionär B eigenständig und indirekt eine eigene thailändische Gesellschaft gegründet hatte, die die Rohstoffe (auf jeden Fall) an den Konzern lieferte, an dem der Aktionär A und der Aktionär B beteiligt waren. Geschäftsführer dieser thailändischen Gesellschaft war offensichtlich der Vater des Schwiegersohns des Aktionärs B, der sich jedoch mit Dämmstoffen in keiner Weise auskannte.
Über diese Scheinkonstruktion unterhielt der Aktionär B eine Beteiligung an dieser thailändischen Gesellschaft, was ohnehin bedenklich ist. Nach Aussage des Aktionärs A handelte es sich dabei um den Entzug einer Geschäftsgelegenheit der Gesellschaft beziehungsweise der Entzug einer Corporate Opportunity, die der Gesellschaft zukam.
Die Grenze zwischen den Geschäftsmöglichkeiten für Unternehmer, die von der Gesellschaft, an denen sie sich beteiligen, gewinnbringend genutzt werden müssen, und Chancen, die sie für sich selbst verwenden und nutzen können, ist fließend. Die Geschäftsmöglichkeiten für die Gesellschaft werden auch als „Corporate Opportunities” bezeichnet.
In den Niederlanden ist noch nicht begrifflich festgelegt, was genau eine „Corporate Opportunity“ ist und was nicht. Das liegt natürlich daran, dass es sich bei der Corporate Opportunity ursprünglich um ein amerikanisches Konzept handelt, das in den Niederlanden erst seit einigen Jahren zur Anwendung gelangt. Die Literatur ist sich im Prinzip darüber einig, dass die Chance den Betriebstätigkeiten entsprechen muss, die die Gesellschaft ausübt, wenn diese als „Corporate Opportunity” eingestuft werden soll. Eigentlich ist aber auch diese Definition recht vage.
Wie gesagt, stammt dieses Konzept ursprünglich aus Amerika. In Amerika gibt es diverse Möglichkeiten, um zu prüfen, ob eine Corporate Opportunity vorliegt oder nicht. Bei der Prüfung werden in diesem Zusammenhang die folgenden Kriterien berücksichtigt: (i) die Verwandtschaft mit der Chance; (ii) die möglichen zukünftigen Tätigkeiten der Gesellschaft; (iii) die konkreten Erwartungen der Gesellschaft bezüglich der Erlangung der Chance; (iv) die Realisierungsmöglichkeit der Chance; (v) die Bedeutung der Chance für die Gesellschaft; (vi) die Nutzung von Vermögensgegenständen der Gesellschaft; (vii) die Konkurrenz mit der Gesellschaft; (viii) die Art und Weise, in der die jeweilige Partei die Informationen über die fragliche Chance erlangt hat und (ix) ob die fragliche Partei geschäftliche Offenheit bezüglich der unternehmerischen Chance der Gesellschaft gezeigt hat. Die genannten Kriterien werden abgewogen und anhand des Ergebnisses wird dann festgelegt, ob die fragliche Chance als Corporate Opportunity eingestuft werden kann.
Wenn eine Corporate Opportunity vorliegt, so muss diese von der Gesellschaft (von der Hauptversammlung der Aktionäre) erst freigegeben werden, bevor sie separat außerhalb der Gesellschaft genutzt werden darf. Andernfalls handelt die fragliche Person
Unrechtmäßig
Sind Sie neugierig über die Bedeutung von Unrechtmäßig? AMS Advocaten erklärt es.
» Meer over unrechtmäßig
Unrechtmäßig und ist somit schadenersatzpflichtig gegenüber der Gesellschaft.
In dieser Frage scheint sich der
Einspruch
Der Beklagte, gegen den der Richter ein Versäumnisurteil ausgesprochen hat, kann dagegen Einspruch erheben...
» Meer over einspruch
Einspruch auf die Tatsache zu stützen, dass die Corporate Opportunity freigegeben worden ist. Der Fachanwalt für Gesellschaftsrecht des Aktionärs B hat nämlich (kurz gesagt) argumentiert, dass der Aktionär A davon wusste. Die Frage ist jedoch, wie dieses Wissen zustande gekommen ist und ob es sich wirklich um eine „Rücksprache“ gehandelt hat. In sofern bleibt abzuwarten, bis der Untersuchungsbericht des von der Unternehmenskammer angestellten Prüfers vorliegt.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, den Wert einer Corporate Opportunity schnell einzuschätzen. Wurde diese Chance unrechtmäßig genutzt, dann kann beispielsweise eine Forderung auf Gewinnabführung im Rahmen der Schadenersatzleistung geltend gemacht beziehungsweise die Übertragung der fraglichen Corporate Opportunity gefordert werden. Obwohl es sich bei der Corporate Opportunity in den Niederlanden noch nicht um einen fest definierten Begriff handelt, ist es empfehlenswert, hier die genau umrissenen Kriterien anzuwenden, die in Amerika bereits seit Jahr und Tag verwendet werden. In sofern bleibt abzuwarten, bis die Corporate Opportunity zu einem echten niederländischen Konzept geworden ist. Ich vermute jedoch, dass dies nicht mehr so lange dauern wird.