Ein interessanter Fall aus dem Arbeitsrecht befasst sich mit der Kündigung eines bestellten Geschäftsführers in den Niederlanden. Berufsbedingter Stress führt zur Arbeitsunfähigkeit eines Geschäftsführers. Als dieser am ersten Tag des Wiedereingliederungsplans zur Arbeit erscheint, wird ihm die Kündigung ausgesprochen. Die Frage, ob es hier um eine offensichtlich unzumutbare Kündigung oder um die mit der Position eines Geschäftsführers verbundenen Risiken des Scheiterns geht, klärt das Amtsgericht in einem aktuellen Urteil. Sander Schouten, Anwalt für Arbeitsrecht, erläutert die Sachlage.
Der
Kläger
Die Partei, die in einer Rechtssache zum Erscheinen vor Gericht vorgeladen wird, wird als der Beklagte bezeichnet. Im Gegensatz dazu steht der Kläger, das ist die Partei, die die Rechtssache eingeleitet hat...
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Kläger in dieser Sache war als Geschäftsführer bei dem internationalen Unternehmen ATP (GmbH nach niederländischem Recht) bestellt. Der Kläger meldet sich aufgrund stressbedingter Beschwerden krank. Der Betriebsarzt stellt eine Erkrankung mit daraus folgender Arbeitsunfähigkeit fest. Im Krankheitsbericht heißt es, die Stresserkrankung sei unter anderem auf berufliche Belastung zurückzuführen und der Kläger wird 5 Monate krankgeschrieben. Der Kläger und sein Arbeitgeber erarbeiten in Zusammenarbeit mit einem Arbeitsschutzarzt einen Wiedereingliederungsplan.
Am ersten Tag der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit erscheint der Kläger (ohne vorherige Benachrichtigung) nicht in seinem Büro. Nach einem Mediationsverfahren nahm der Kläger schließlich am 19. Juni seine Arbeit wieder auf. Am selben Tag wird dem Kläger die Einladung zu einer am 19. Juli anberaumten
Gesellschafterversammlung
Auch Gesellschafterversammlung (GV) genannt. Sie ist das Organ in einer Gesellschaft, in der alle Gesellschafter vertreten sind und eine Stimme besitzen. Die (ordentliche) Gesellschafterversammlung tritt mindestens...
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Gesellschafterversammlung übergeben, wobei seine eigene Entlassung Gegenstand der Tagesordnung ist. In der Gesellschafterversammlung wird dann auch am 19. Juli die Kündigung beschlossen und der Anstellungsvertrag wird vom Arbeitgeber fristgemäß gekündigt. Der Kläger, der mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses nicht einverstanden ist, wendet sich an einen Anwalt für Arbeitsrecht und strengt ein Verfahren an. Er fordert Schadensersatz wegen offensichtlich unzumutbarer Kündigung.
Bei der Beurteilung der Frage nach der offensichtlichen Unzumutbarkeit der Kündigung gibt das Gericht zu bedenken, dass ein bestellter Geschäftsführer aufgrund seiner Position kaum mit einem ‘normalen’ Arbeitnehmer verglichen werden kann. Die persönlichen Qualitäten eines Geschäftsführers bilden die Grundlage für die Entwicklung und den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Eine verschlechterte Unternehmenslage oder mangelnde Akzeptanz des Geschäftsführers innerhalb des Betriebes kann zu einem Vertrauensverlust bei den Gesellschaftern führen. Ein dermaßen gestörtes Vertrauensverhältnis endet meist mit dem Ausscheiden des Geschäftsführers. Im Anstellungsvertrag wird im Prinzip das Risiko des Scheiterns zum Beispiel durch die Höhe des Gehalts, Gewährung von Boni und längere Kündigungsfristen einkalkuliert.
Das Gericht stellt fest, der Arbeitgeber habe kein Vertrauen mehr in die klagende Partei als Geschäftsführer gehabt. Hierfür sei nach Darstellung des Arbeitgebers sowohl das Verhalten des Geschäftsführers während des Wiedereinstellungsplans als auch sein schlechtes Funktionieren vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit verantwortlich gewesen. Hinsichtlich des zweiten Arguments kann dem Arbeitgeber laut Gericht ein Vorwurf gemacht werden. Der Kläger war vor seiner Krankmeldung niemals auf Beschwerden der Arbeitnehmer oder auf seinen Führungsstil hin angesprochen worden. In diesem Punkt hatte der Arbeitgeber gegen ein verantwortliches Arbeitgeberverhalten verstoßen. Auch die Tatsache, dass dem Kläger keine reelle Chance der Wiedereingliederung (er wurde ja am ersten Tag der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit entlassen) geboten wurde, gilt als zurechenbar. Also plädiert das Gericht auf eine offensichtlich unzumutbare Kündigung und spricht dem Kläger einen Schadensersatz zu.