In die Entwicklung von Software wird viel Geld investiert und wenn eine andere Partei eine nahezu identische Software anbietet, wird man dies rechtlich klären wollen. Rechtsanwalt Hidde Reitsma erläutert ein jüngst erlassenes Urteil, welches Streitigkeiten über Urheberrechte zum Inhalt hatte.
In vorliegendem Verfahren handelt es sich um die Software der Klagepartei VGB, die aus vier Programmen besteht: Programm eBenefits 4.8 sowie die Teilanwendungen EblPro, Mutatiemanager und Offertemanager. Der Richter hat zu entscheiden, ob die von
Beklagter
Die Partei, die in einer Rechtssache zum Erscheinen vor Gericht vorgeladen wird, wird als der Beklagte bezeichnet. Im Gegensatz dazu steht der Kläger, das ist die Partei, die die Rechtssache...
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Beklagter Partei ‘eBenefits’ angebotene Software namens Pensioen Portaal und eBenefits Compass Bearbeitungen der VGB-Software sind und ob deren Veröffentlichung und/oder Vervielfältigung einen Verstoß gegen das Urheberrecht der VGB darstellt.
Das Gericht stellt fest, dass Computerprogramme im Urheberrechtgesetz ausdrücklich als schutzwürdig erachtet werden. Computerprogramme wurden zur Erfüllung der europäischen Software-Richtlinie in die Bestimmungen aufgenommen. Der europäische Gerichtshof erklärte, die in dieser Richtlinie verliehene Schutzwürdigkeit von Computerprogrammen habe die ‘Ausdrucksweise’ von Computerprogrammen in welcher Form auch immer zum Gegenstand, wie etwa Quell- und Objektcodes, die ein Computerprogramm in diversen Computersprachen reproduzieren können.
Die grafische Benutzeroberfläche eines Computerprogramms bildet keine Ausdrucksweise, da hiermit keine Reproduktion in anderen Computersprachen möglich ist. Auch die Funktionalität eines Computerprogrammes, die Programmiersprache und die zur Verwendung dieser Funktionen benötigte Einteilung von Datenbeständen stellen keine Ausdrucksweise dar und sind im Rahmen dieser Richtlinie nicht urheberrechtlich geschützt. Elemente eines Computerprogramms, die nicht Ausdrucksweise des Programms sind, können dahingegen unter den Urheberrechtschutz fallen, wenn sie das Kriterium eines originalen Werkes erfüllen und individuelle Kennzeichen des Urhebers aufweisen.
Die Tatsache, dass die Software eBenefits 4.8 einschließlich Multimanager Urheberschutz genießt, war kein Gegenstand der Auseinandersetzung. Das Gericht ordnete ein Sachverständigengutachten an. Der Sachverständige kam nach einem Vergleich der Software eBenefits 4.8 einschließlich Mutatiemanager mit der Software eBenefits Portaal (nicht mit Pensioen Portaal und eBenefits Compass) zu dem Schluss, dass 83 der insgesamt 4410 einmaligen Quellcodebeständen identisch in eBenefits Portaal auftraten.
Das Gericht ist der Auffassung, die Verwendung der Codes durch eBenefiets führe nicht zu einer (teilweisen) Veröffentlichung des Werkes oder der Vervielfältigung oder der Bearbeitung eines Werkes, welches nicht als neue originale Schöpfung betrachtet werden müsse. Dem Gericht zufolge war von VGB nicht dargestellt, ob und aus welchen Gründen die betreffenden 83 Quellcode-Bestände entweder einzeln oder in ihrer Gesamtheit die Originalität des ganzen Werks ausmachen beziehungsweise dass diese Quellcode-Bestände grundsätzlich die Ausdrucksweise der intellektuellen Schöpfung des Urhebers seien. Es lasse sich aufgrund ihrer geringen Anzahl nicht ohne weiteres vermuten, dass die Originalität des Computerprogramms aus diesen 83 Quellcode-Bestände bestehe.
Auch der Umstand, dass eBenefits die Quellcode-Bestände von eBenefits 4.8 einschließlich Mutatiemanager bei der Entwicklung von eBenefits Portaal zur Verfügung standen, lässt kein anderes Urteil zu. Die Frage ist, ob die Reproduktion einzelner Elemente der Reproduktion der Ausdrucksweise eines vom Urheber geschaffenen intellektuellen Werks entspricht. Dies gilt ebenso, wenn der angebliche Verletzer über Quellcode-Bestände verfügte.
Da auch eine präzisere Unterbauung der Übereinstimmung von Software Pensioen Portaal und eBenefits Compass fehlte, verwarf das Gericht die Behauptung des Anwaltes, es sei gegen das Urheberrecht von VGB verstoßen worden. In einem früheren Zwischenurteil hatte das Gericht festgestellt, dass eBenefits die Teilanwendung Offertemanager niemals angeboten habe. Das Gericht hatte bereits auch konstatiert, dass eBenefits allerdings das Urheberrecht von VGB in Bezug auf die Teilanwendungen EblPro verletzt hatte. Das Gericht weist ein Verletzungsverbot sowie einen Befehl zur Angabe der Daten in Bezug auf die Urheberrechtsverletzung der Software EblPro zu. Da eBenefits diesem Befehl bereits zuvor in einem Urteil in einstweiliger Verfügung nicht nachgekommen war, wird ebenfalls ein Zwangsgeld in der Höchstsumme von 500.000 Euro verhängt.