Bei Abschluss von Kaufverträgen mit niederländischen Unternehmen sind für deutsche Unternehmer verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Ein wesentlicher Aspekt bei internationalen Handelsbeziehungen ist die Klärung der anwendbaren Rechtsgrundlage.
Dabei stellt sich die Frage, ob niederländisches Vertragsrecht oder internationales Vertrags- bzw. Kaufrecht Anwendung findet.
Des Weiteren ist zu klären, inwiefern ein Warenverlust während des Transports den Kaufvertrag gemäß dem UN-Kaufrecht (CISG) beeinflusst.
Das CISG, auch als Wiener Kaufrecht bekannt, bietet ein einheitliches Regelwerk für grenzüberschreitende Warenkäufe und kann unter bestimmten Umständen zur Auflösung des Vertrags führen, wenn die transportierten Güter verloren gehen.
Das folgende Beispiel eines zwischen einem niederländischen Verkäufer und einem italienischen Käufer geschlossenen Kaufvertrags zeigt praxisnahe Einblicke in die relevanten vertragsrechtlichen Aspekte.
Diese sind auch auf deutsche Unternehmen im internationalen Handel anwendbar.
In einem aktuellen Fall entschied die Rechtbank Rotterdam (Landgericht Rotterdam), dass ein Verkäufer nicht für den Verlust von 100.000 Atemschutzmasken während des Transports aus China haftet. Rechtsanwalt Onno Hennis erläutert.
Im März 2020 schließen der niederländische Verkäufer E2C und der italienische Käufer Medical einen Kaufvertrag über 100.000 Atemschutzmasken zu einem Preis von 90.000 € ab. E2C besorgt die Atemschutzmasken aus China und beauftragt einen Spediteur mit dem Weitertransport.
Die Masken erreichen nie ihr Ziel in Italien. Medical fordert daher die Rückzahlung von 90.000 € zuzüglich Zinsen und Kosten.
Das Gericht entscheidet, dass auf den vorliegenden Fall das UN-Kaufrecht Anwendung findet.
Das Wiener Kaufrechtsübereinkommen (im Englischen auch „United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods”, kurz CISG, im Niederländischen auch „WKV”) findet Anwendung auf internationale Kaufverträge zwischen Unternehmen (d. h. nicht zwischen Verbrauchern) über bewegliche Sachen, wie z. B. Atemschutzmasken.
Die Niederlande sowie eine Vielzahl weiterer wichtiger Handelspartner, darunter Deutschland, die Vereinigten Staaten, China, Frankreich und Japan, mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs, sind Vertragsparteien des Wiener Kaufrechtsübereinkommens.
Sofern das CISG nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde, findet es Anwendung.
Die Bestimmungen des niederländischen Rechts finden auf die CISG keine Anwendung, es sei denn, die CISG enthält keine Bestimmungen zu einem bestimmten Thema.
E2C beauftragte einen unabhängigen Dritten mit der Organisation des Transports nach Italien. Somit hat E2C den Transport letztendlich tatsächlich veranlasst, sodass der Transport nach Ansicht des Gerichts Teil des Kaufvertrags ist.
Gemäß Artikel 67 (1) CISG geht die Gefahr auf den Käufer (Medical) über, sobald die Ware vom Verkäufer (E2C) an den ersten Frachtführer übergeben wird.
Das Gericht stellte fest, dass mit der Übergabe der Ware an den Spediteur die Gefahr des Verlustes der Atemschutzmasken auf Medical überging. Eine
Haftung
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Haftung von E2C für Schäden, die nach der Übergabe an den Spediteur entstehen, ist ausgeschlossen, sofern der Verlust oder die Beschädigung nicht auf ein Handeln oder Unterlassen von E2C zurückzuführen ist.
Das Gericht ist der Ansicht, dass dies nicht der Fall ist.
Ein
Irrtum
Ein Vertrag wird durch ein Angebot geschlossen, das angenommen wird. Aber ein Vertrag, der unter Einfluss eines Irrtums zustande kommt, ist anfechtbar...
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Irrtum oder eine Täuschung liegt ebenfalls nicht vor. Im Rahmen der Anhörung hat Medical dargelegt, dass die Kontaktperson vor Abschluss der
Vereinbarung
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Vereinbarung darauf hingewiesen hat, dass die Rechnung von E2C geschickt werden würde.
Eine Täuschung liegt somit nicht vor, da Medical darüber informiert war, dass sie mit E2C handelt.
Das Gericht hat sämtliche Klagen von Medical abgewiesen. Es bestehe die Möglichkeit, dass Medical nicht erkannt hat, dass das CISG mit einem vom niederländischen Recht abweichenden Zeitpunkt des Gefahrenübergangs gelte.
Gemäß niederländischem Recht geht die Gefahr im Allgemeinen mit dem Übergang des Besitzes über. In der Regel erfolgt die Lieferung der Ware zum vereinbarten Zeitpunkt.
Es ist daher von entscheidender Bedeutung, zu überprüfen, ob das CISG Anwendung findet oder nicht.
In einem vorherigen Beitrag wurde bereits auf die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Auflösung eines Vertrages nach dem CISG und dem niederländischen Zivilrecht hingewiesen.
Im Gegensatz zum niederländischen Recht, wonach jede Nichterfüllung ein Grund für die Auflösung eines Vertrags ist, setzt das CISG strenge Bedingungen an die Auflösung eines Vertrags. Danach wird eine wesentliche Nichterfüllung vorausgesetzt.
Wir stehen deutschen Unternehmen und Privatpersonen in den Niederlanden jederzeit für eine Beratung zur Verfügung. Bei Fragen zum niederländischen Prozessrecht und (internationalem) Vertragsrecht wenden Sie sich bitte an unseren deutschsprachigen Anwalt Onno Hennis, Telefon +31 20 308 03 15.